Im diesjährigen Menschenrechtsbericht der Stadt evaluiert der Menschenrechtsbeirat die im letzten Bericht an die Stadtregierung und den Gemeinderat gerichteten Empfehlungen zu E-Governance, häuslicher Gewalt, politischer Teilhabe von Kindern und Jugendlichen, Maßnahmen der Stadt gegen Rassismus und die sprachliche Vielfalt in der Stadt. Die Grazer Erklärung zur Menschenrechtsstadt von 2001 und das Prüfschema der Vereinten Nationen für wirtschaftliche und soziale Rechte sind die Maßstäbe für das Ergebnis:
(I) Die digitalen Dienstleistungen der Stadt Graz basieren auf menschenrechtlichen Prinzipien. Der diskriminierungsfreie Zugang wird durch die Verfügbarkeit analoger Alternativen (analoge Inklusion) und durch Unterstützungsangebote in Stadtteilzentren, Senior:innenbüros, Stadtbibliotheken und durch das Bürger:innenamt gewährleistet.
(II) Die empfohlenen Maßnahmen gegen häusliche Gewalt, die Umsetzung der Istanbul-Konvention gegen geschlechtsspezifische Gewalt, werden von der Stadt Graz mit finanzieller Unterstützung durch den Bund gemeinsam mit den Frauenhäusern im Rahmen des Projektes Stadtteile ohne Partnergewalt (StoP) umgesetzt.
(III) Die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen entspricht trotz der vielen rückgemeldeten Aktivitäten, Projekte und Beteiligungsinitiativen nicht der Empfehlung des Menschenrechtsbeirates. Der Beirat meint in seiner Empfehlung, dass Stadtpolitik und Stadtverwaltung Kindern vorbehaltlos und ergebnisoffen zuhören müssen, um geeignete Maßnahmen treffen zu können. Zumeist erschöpfen sich die Möglichkeiten in eingeschränkter Mitbestimmung über die eigenen lebensweltlichen Angelegenheiten Eigenständige Themensetzung und Entscheidungsmacht finden sich eher selten.
(IV) Die städtischen Kulturangebote, sozialen Dienste, Gesundheitsdienste und Dienstleistungen des Bürger:innenamtes, die Elementar- und Primärbildung, sowie die Bereiche Integration, Information und Kommunikation wurden hinsichtlich des Umganges der Behörden mit der Vielsprachigkeit der Bevölkerung überprüft. Der Menschenrechtsbeirat stellt ein Ungleichgewicht von Verfügbarkeit, Zugang und Qualität zwischen den betrachteten städtischen Handlungsfeldern und den zuständigen Behörden fest. Insbesondere vermisst der Menschenrechtsbeirat einen systematischen Zugang zur Internationalität der städtischen Bevölkerung unter Einbezug Studierender und internationaler Arbeitskräfte. Es wird festgestellt, dass in verschiedenen Dienststellen und im Bereich grundrechtlich garantierter Dienstleistungen der Umgang mit Parteien dem Ermessen und Engagement einzelner Verwaltungsmitarbeiter:innen überlassen wird. Individuelle Sprach- und Kulturkenntnisse von Mitarbeiter:innen schließen systemische Lücken, ohne dass sichergestellt ist, ob die fachliche und sprachliche Qualifikation tatsächlich vorliegt. Angemessene Standards im Umgang mit Parteien wurden mit Ausnahme des Amtssprachengebotes im Standesamt nicht gemeldet. Für den Bildungsbereich wird auf die Bildungsdirektion des Landes verwiesen, auf die Gewährleistung des Rechts auf Bildung wird nicht eingegangen. Andererseits arbeitet das internationale Sprachenzentrum intensiv mit der Stadt zur Förderung einer Kultur der Vielsprachigkeit, versucht die Kommunikationsabteilung spezifische Daten in Zusammenarbeit mit den Sprachgemeinschaften zu sammeln und macht die Kulturabteilung möglichst vielen Menschen ihre Angebote auch sprachlich zugänglich.
Der Menschenrechtsbeirat empfiehlt der Stadt Graz daher, eine umfassende Diversitätsstrategie für die Bereiche der städtischen Dienstleistungen und die Personalentwicklung zu erstellen und umzusetzen. Die Maßnahmen aus den Bereichen Kultur und Kommunikation sind dazu richtungsweisend.
(V) Das Aktionsprogrammes gegen Rassismus 2024 bis 2026 wurde vom Amt der Bürgermeisterin in Zusammenarbeit mit dem Migrant:innenbeirat und dem Menschenrechtsbeirat erstellt und lag dem Gemeinderat am 16. Jänner zur Beschlussfassung vor. Das Aktionsprogramm kommt der Beurteilung des Menschenrechtsbeirates entgegen, weil es mehrere Maßnahmen zur Weiterentwicklung des Grazer Diversitätsmanagements vorsieht.
Der Menschenrechtsbeirat bewertet die Umsetzung der Grazer Menschenrechtserklärung wie folgt:
(1) Eine Orientierung des Gemeinderates und der Stadtregierung an den Menschenrechten kann für die Empfehlungen zum E-Government und gegen häusliche Gewalt uneingeschränkt und für die Empfehlungen Jugendbeteiligung und Arbeit gegen Rassismus weitgehend festgestellt werden. Für den Umgang mit Heterogenität und Diversität der Gesellschaft und der damit verbundenen Vielsprachigkeit zeigt sich ein sehr uneinheitliches Bild. Eine aus dem Prinzip der Rechtsstaatlichkeit abgeleitete Systematik ist nicht zu erkennen.
(2) Das Gebot der Information über Rechte und Pflichten, insbesondere der Jugend, ist in den gewählten Themenfeldern zu erkennen. Eine Empfehlung spricht konkret die Teilhabe von Kindern und Jugendlichen an, wo über eine Reihe unterschiedlichster Möglichkeiten von Jugendaktivität und Jugendbeteiligung berichtet wird. Inwieweit diese Angebote ausdrücklich auf Menschenrechte Bezug nehmen, kann in diesem Rahmen nicht beurteilt werden.
(3) Die von der Erklärung geforderte Mitwirkung von Körperschaften und Organisationen entspricht den Anforderungen in der Menschenrechtsumsetzung.
(4) Die Forderung, Defizite aufzuspüren und Menschenrechte als Leitlinien zu propagieren, wird durch den Menschenrechtsbericht erfüllt.
(5) Die Zusammenarbeit mit internationalen und europäischen Institutionen erfolgt im Rahmen der Mitgliedschaft der Europäischen Städtekoalition gegen Rassismus (ECCAR) und zeigt sich in der Verabschiedung des fünften Aktionsprogrammes zur Entwicklung einer rassismuskritischen Stadtgesellschaft.
Der vollständige Bericht in Lang- und Kurzversion ist auf der Website der Stadt Graz zum freien Download verfügbar.